Presseberichte

„In 30 Minuten ein Leben verändern“

Jahreshauptversammlung des Vereins pro interplast / Nachhaltigkeit bei den Einsätzen ist das große Ziel

Die Vorsitzende des Vereins Reinhilde Stadtmüller war erst Anfang März aus Indien zurückgekehrt. Sie hatte eine Videobotschaft von Dr. Tobias Vogt, Mitglied der „German Doctors“, aus Kalkutta mitgebracht. Darin bedankte er sich für die überwältigende Hilfe durch pro interplast, die ihn seit 10 Jahren unterstütze und ohne die seine Arbeit in Indien „so nicht denkbar wäre“. Dadurch erhielten allein in den letzten zwölf Monaten 110 Patienten die Chance auf ein neues Leben.

PI 2017_Vorstand und Jubilare

Bei ihrer Reise nach Indien übernachtete Frau Stadtmüller für drei Nächte im Kinderkrankenhaus Pushpa Home und konnte dort erleben, wie segensreich die Kostenübernahme der dortigen Diagnostik, des Essens und der Medikamente für die Gesundung der jungen Patienten ist. An ihrem letzten Tag vor Ort konnte sie noch erleben, wie ein Junge, der durch eine Wirbelsäulentuberkulose gelähmt war, nach der Operation und der anschließenden Therapie wieder alleine seine ersten Schritte machen konnte. Dieses beeindruckende Video zeigte sie auch den Anwesenden der Jahreshauptversammlung.

Weiterhin besuchte Frau Stadtmüller das „Outdoorprogramm“ in Jalpaiguri in dem 28 Familien und ihren Kindern die an geistigen oder körperlichen Behinderungen leiden geholfen wird, z.B mit Physiotherapie und Nachsorge nach Operationen und bei Verbandswechseln, denn häufig werden Kinder mit Sichel-Klumpfüßen behandelt. Eine frühzeitige Gipstherapie kann in vielen Fällen eine Operation vermeiden. Dafür muss der Verband wöchentlich, insgesamt 6 bis 8 mal, gewechselt werden. Die Kosten hierfür betragen pro Kind 70-80 Euro und sind für die Familien unerschwinglich. Auch hier übernimmt der Verein die Kosten.

Der Verein hat mittlerweile 888 Mitglieder. Im letzten Jahr wurden 27 Einsätze in der Ukraine, Indien, Philippinen, Madagaskar, Ghana, Nepal, Tansania, Peru und Angola teilweise oder vollständig finanziert. Die Ausgaben für Einsätze und Projekte betrugen insgesamt 404.263,70 Euro. Bei der späteren Kassenprüfung wurden keinerlei Beanstandungen festgestellt und der Vorstand anschließend einstimmig entlastet. Auch dieses Jahr bedankte sich der Vorstand bei seinen Mitgliedern, die dem Verein bereits seit 25 Jahren die Treue halten.

Dieses Jahr standen die Arztberichte aus Indien, Madagaskar und Kamerun im Vordergrund. Zuerst berichtete Dr. Lutz Gruhl aus Kassel, über seine Arbeit in Indien, wo er bereits seit 25 Jahren im Einsatz ist. Seit 2003 sind er und sein Team durchgängig im Kodaikanal im Pasam Health Center bei Dr. Mascarenhas tätig. Dr. Mascarenhas, der als Augenarzt in Deutschland ausgebildet wurde, ist bereits seit Jahrzehnten dort tätig, um der Landbevölkerung zu helfen. Vor der Ankunft des Teams aus Deutschland fährt er über das Land und sucht Patienten für die Behandlungen aus. Hauptsächlich leiden die Betroffenen an Tumoren im Gesicht, Brandverletzungen und auch an Lippen-Gaumenspalten. Ein großes Anliegen war es, laut Dr. Gruhl, in den vergangenen 25 Jahren, stets die Zusammenarbeit mit den indischen Kollegen auszubauen und diese weiterzubilden und zu unterstützen. Das Ziel bei allen Einsätzen sei es stets gewesen „Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.“ Der sichtbare Erfolg mache Freude und sei Dank genug“, schloss Dr. Gruhl seinen Vortrag.

Anschließend berichtete Dr. Gie Vandehult über ihre Einsätze in Madagaskar, die sie schon seit vielen Jahren in das Krankenhaus Manambaro führen. Auch ihr großes Ziel ist es, die dortigen Krankenhäuser zu unterstützen und vor Ort zu lehren. Sie und ihr Team bilden Narkoseschwerstern aus und bieten ärztlichen Kollegen die Möglichkeit bei ihren Operationen zu zuschauen. Leider gibt es in dem 22 Millionen Einwohner zählenden Land nur wenige Ärzte, so dass sie mit einem größeren Team anreisen müssen um den unzähligen Patienten vor Ort zu helfen. Dabei müssen sie alles aus Deutschland mitbringen, denn vor Ort ist kaum etwas verfügbar. Das Team operiert an zwei Tischen gleichzeitig, um möglichst vielen Patienten helfen zu können. Hauptsächlich sind die Patienten kleine Kinder mit Verbrennungen, da mit Kohle auf dem Boden gekocht wird und es aus diesem Grund sehr schnell zu schwerwiegenden Verbrennungen mit Narbenbildung kommen kann. Daher besteht das Team auch aus Kinderärzten und Anästhesisten, die auf die Narkose von Kindern spezialisiert sind. Die operative Versorgung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten wird ebenfalls vorgenommen. Diese Operationen dauern im Schnitt 30 Minuten „und verändern ein Leben für immer“, schildert Dr. Gie Vandehult.

Den letzten Vortrag hielt Dr. Max Leßle über seine Arbeit im nördlichen Landesteil von Kamerun. Der HNO-Arzt und Chirurg lebt mittlerweile 8 Monate im Jahr in Kamerun und hat im dortigen Krankenhaus Hôpital Protestant Ngaoundéré eine Abteilung für Kopf-Hals-Chirurgie und Plastische Operationen aufgebaut. Im muslimischen geprägten Norden des Landes gibt es kaum Ärzte, da sich diese lieber im südlichen, christlichen Teil des Landes niederlassen, da es dort mehr Geld zu verdienen gibt. Schwerpunkt seiner Arbeit sind Schilddrüsenerkrankungen die häufig mit einem stark vergrößerten Kropf einhergehen. Um das hierbei gesteigerte Risiko einer Nervenverletzung zu vermeiden hat ihn pro interplast bei der Anschaffung eines Nervenmonitors unterstützt, der hilft das Risiko von Erstickungen zu minimieren. Pro Operation sind hierfür 350-400 Euro zu veranschlagen. Die Operation einer Kiefer-Gaumen-Spalte kostet ca. 250 Euro. Um dauerhaft seine Patienten zu versorgen braucht Dr. Leßle finanzielle Sicherheit, die ihm und seinen Patienten unter anderen auch pro interplast bietet. Durch die Arbeit von Dr. Leßle ist das Krankenhaus nun ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Marburg. Studenten und Ärzte im Praktischen Jahr können ihm nun bei seiner Arbeit unterstützen.

Zudem unterstützt pro interplast auf Anregung von Dr. Leßle ein dortiges Waisenhaus einer Ordensschwester, die tagsüber als Englischlehrerin arbeitete um die Kinder finanziell versorgen zu können, da es keine staatliche Hilfe gibt. Sie bietet 15 Kindern, zum großen Teil Kleinkindern, sowie zwei jungen Müttern Zuflucht und ein zuhause. Als Schwester Carine auf Grund der finanziellen Belastung nicht mehr weiterwusste, machte Dr. Leßle den Vorstand auf dieses Projekt aufmerksam. Pro interplast bezahlt nun die Miete des Hauses, das Wasser und den Strom. Nachdem es sich in der Stadt herumgesprochen hatte, dass das Waisenhaus nun Unterstützung erhält, besuchte der örtliche Sultan das Waisenhaus, befand für gut was er gesehen hat und machte reiche Händler des Ortes auf das Projekt aufmerksam, so dass nun das Waisenhaus vergrößert werden kann und eine Aufbruchsstimmung herrscht. Das Ziel der Nachhaltigkeit ist somit auch hier auf einem sehr guten Weg.