Presseberichte

Neues aus Kalkutta - Dr. Vogt berichtet über die aktuelle Situation in Zeiten von Corona

Ich bedanke mich vielmals für Ihre Hilfe! Das ist alles andere als selbstverständlich!

Derzeit haben wir rund 30 Patientinnen im Haus. Wir erlauben keine stationäre Aufnahme neuer Patientinnen und entlassen auch nicht. In den muslimischen Ghettos rund um das St. Thomas Home gibt es jetzt viele Corona- Viruserkrankungen, Menschen sterben, und die Polizei und Militär riegeln die Ghettos hermetisch ab. Gestern kam es zu einer Straßenschlacht zwischen Bewohnern der Ghettos und der Polizei hier in unserer Straße, der Belilious Road. Die Polizisten mussten fliehen. Früher waren die Polizisten nur mit Knüppeln unterwegs, seit heute haben sie nun Gewehre.

Wir versuchen, in dem wir niemanden `rein oder `raus lassen, die hier versorgten Patientinnen vor einer Ansteckung zu schützen. Viele sind schon durch die Tuberkulose kurzatmig und würden eine zusätzliche Virusinfektion nicht überleben. Aber natürlich geht bestimmtes Personal hier `rein und `raus, zum Beispiel die Küchendamen und natürlich auch die Krankenschwestern. In Zeiten der Ausgangssperre ist es selbst für unsere Krankenschwestern nicht einfach, hierher zu kommen. Sie müssen die Straßensperren in ihrer Schwesternkleidung und mit einem Ausweis passieren. Wir holen Sie mit einem Krankenwagen zu Hause ab und fahren Sie zu uns, weil Krankenwagen normalerweise Straßensperren passieren dürfen. Dafür bleiben die Schwestern dann für drei oder vier Tage am Stück im Haus, richten es sich hier also auch für die Nacht etwas ein, und werden dann wieder zurückgefahren, wenn auch die neue Schicht hierhergefahren wird. Sie sind alle sehr tapfer und machen das Beste aus der Situation. 

Auch Monika Naik ist sehr engagiert im Rahmen der Ausgabe von Lebensmittelpaketen. Bis dato konnten rund 500 Familien ein Paket empfangen. So etwas kann man in Zeiten der Ausgangssperre nur nach einer schriftlichen Beantragung bei der Polizei und deren Genehmigung tun. Bis dato wurde es aber noch jedes Mal genehmigt. Wenn sich 100 Personen anstellen, die für die gedachten 100 Familien des Tages ein Paket abholen, müssen Sie großen Abstand voneinander halten. Dazu malen wir auf die Straße Symbole, und die Leute müssen auf diesen Zeichen stehen, und jeweils nur von Markierung zu Markierung vorrücken. So halten Sie Abstand voneinander. Ich sende anbei einige Bilder. Jedes Lebensmittelpaket kostet rund 12,50 € und beinhaltet drei Kilo Reis, ein halbes Kilo Linsen, Zwiebeln und Sojabohnen, Öl, ein Paket Kekse, und auch Seifenstücke und Mundschutze, die unsere Patientinnen genäht haben.

Die kürzlich operierte Kushnuma hatte Glück und kann sich nun verbessern. Zwei weitere Kandidatinnen würde ich gern noch operieren lassen, aber das ist organisatorisch aufwendig, weil Krankenhäuser derzeit nach Möglichkeit niemanden aufnehmen, oder nur nach einem Corona Virus-Test. An diese Tests kommt man aber nicht heran, da selbst der Staat keine Testkits hat. Sie testen im Distrikt Howrah mit seinen 5 Millionen Einwohnern vielleicht 50 Personen am Tag.

 Nun ist die Ausgangssperre noch einmal um drei Wochen verlängert worden. In der Nähe der muslimischen Ghettos, in die auch das St. Thomas Home gehört, wird es vermutlich noch lange Restriktionen geben. Ich habe aber auch so genug zu tun und kann vieles vom Schreibtisch abarbeiten, zu dem ich sonst nie gekommen wären.

Ich bedanke mich bei Ihnen und bei allen aktiven Mitgliedern von pro-interplast sehr herzlich für die sehr ermutigende Unterstützung! 

Bleiben Sie alle und Ihre Familien gesund!

Dr. Vogt (in Kalkutta für die German Doctors)